Wie
beliebig ist Konditionierung?
Watson
meinte, daß jeder NS gleichermaßen durch Paarung
mit einem UCS zu einem CS werden könne.
Garcia & Koelling widerlegen dies 1966: Bei einem Experiment
verknüpfen Ratten nur den Geschmacksreiz mit Übelkeit,
nicht aber audiovisuelle Reize. Umgekehrt verknüpfen sie nur
die audiovisuellen Reize mit den durch einen elektrischen Schock
verursachten Reaktionen, nicht jedoch den Geschmacksreiz:
CS
(wurde vorher mit Wassertrinken gekoppelt)
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UCS
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Reaktion
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Ton+Licht
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elektrischer
Schock
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Vermeidung
(von Ton+Licht)
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Ton+Licht
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Übelkeit
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keine
Vermeidung
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Geschmacksreiz
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elektrischer
Schock
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keine
Vermeidung
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Geschmacksreiz
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Übelkeit
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Vermeidung
(von Geschmacksreiz)
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Die
Verknüpfung zwischen CS und UCS ist also offensichtlich nicht
beliebig, CS und UCS müssen zueinander passen -
nur dann wird auch gelernt.
Seligman
begründet dies damit, daß Ratten evolutionsbedingt eine
gewisse Bereitschaft (preparedness) zeigen,
ganz bestimmte CS mit den durch ganz bestimmte UCS
ausgelösten Reaktionen zu verknüpfen und dadurch ganz
bestimmte konditionierte Reaktionen zu erwerben.
Da
Ratten Gift schon nach einer einzigen Paarung mit Übelkeit
ein Leben lang vermeiden, besitzen sie diesbezüglich ein hohes
Maß an preparedness.
Dieser Mechanismus hat sich, so Seligman, in der Evolution herausgebildet,
weil er die adaptive Funktion besitzt, das Lebewesen vor z.B. Vergiftung
zu schützen.
Phobien
Das
Phänomen der Phobie ist ein eindrucksvoller Beleg für
Seligmans Konzept der "preparedness".
Eine Phobie ist eine spezifische Form von Furcht, die durch ganz
bestimmte Objekte und Situationen ausgelöst wird und zu deren
Meidung führt. Phobien sind insofern irrational, als die Furchtreaktionen
in keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Gefährlichkeit
der auslösenden Objekte steht und durch das Wissen um die Ungefährlichkeit
wenig oder gar nicht beeinflußt werden kann.
Das
Zusammenwirken von genetischer Komponente und Lernkomponente wird
bei Phobien besonders deutlich. Es gibt bestimmte Gegenstände
und Situationen, wie Schlangen oder tiefe Abgründe, die, genetisch
bedingt, sehr leicht zur Zielscheibe von Phobien werden können,
weil sie in unserer Stammesgeschichte einst Furchtobjekte waren,
vor denen man sich hüten mußte, um das Überleben
der Art (bzw. der Gene) zu sichern.
Andere gefährliche Dinge wie elektrische Leitungen oder Autos
sind dagegen fast nie Gegenstand einer Phobie, weil wir bei ihnen
keine angeborene Bereitschaft besitzen - dazu sind diese Gefahren
einfach zu neu!
(Folgerichtig müßte es in einigen Jahrmillionen auch
solche Phobien geben - vorausgesetzt, es gibt dann noch Autos und
elektrische Leitungen...)
Für
Seligmans Konzept der "preparedness" gibt es gute empirische
Belege, die wir hier aber nicht weiter behandeln werden. Sie sind
bei Meyer, Schützwohl und
Reisenzein (1993), S.75-78, nachzulesen.
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