7.2 Konturenwahrnehmung

Konturen

Auf der untersten Ebene wird das visuelle Feld in Formen aufgeteilt, die durch Konturen getrennt sind bzw. von diesen eingegrenzt werden. Konturen sind Stellen im retinalen Abbild, an denen die Intensität oder Zusammensetzung der Wellenlängen sich abrupt ändert.

Ein visuelles Feld ganz ohne solche Konturen nennt man Ganzfeld. Wenn man längere Zeit auf ein Ganzfeld starrt, dann bleichen die Rezeptoren aus. Das passiert z.B. bei Schnee-Blindheit.

Aspekte des Visuellen Feldes

Lichtquelle: Die Lichtquelle ist meistens die Sonne oder künstliches Licht. Das Bild, welches auf der Retina eintrifft, hängt wesentlich von der Stärke dieser Lichtquelle ab.

Reflexion: Je nach Farbe und Beschaffenheit unterscheidet sich die Oberflächenreflexion eines Gegenstandes. Sie kann z.B. matt oder glänzend sein.

Oberflächenorientierung: Die Oberflächenorientierung hängt davon ab, wie eine Fläche wischen Lichtquelle und Beobachter im Raum steht. Sie wird also von der Ausrichtung einer Fläche bestimmt.

Blickwinkel: Der Blickwinkel bestimmt, wie der Beobachter zur betrachteten Szene steht.

Mikrosakkaden

Das Auge führt ständig kleine, unwillentliche Bewegungen aus, die sogenannten Mikrosakkaden. Durch diese Mikrosakkaden ändern sich für einige Rezeptoren die eintreffenden Signale ständig. Diese Rezeptoren registrieren eine Kontur.

Zur Formerkennung sind also nicht nur lokale Intensitätsunterschiede erforderlich, sondern auch ständige Veränderungen in den individuellen Rezeptoren. Durch spezielle Aufsätze mit einem kleinen Projektor kann man das Retina-Bild stabilisieren, so dass die Mikrosakkaden durch die Apperatur ausgeglichen werden. Was passiert? Die Konturen verschwinden blockweise - das ganze stabilisierte Bild verschwindet!

Metakontrast

Konturen brauchen einige Zeit, ehe sie ins Bewusstsein dringen. Dies konnte Werner in einem Experiment schon 1935 zeigen: Er zeigte seinen Probanden ein kleines schwarzes Target, und nach einem variablen Stimulusintervall eine Maske mit einem Loch in der Mitte von genau der Größe des zuvor gezeigten Targets:


Bei kurzen Intervallen (<100 msec) sahen die Beobachter einfach nur eine große schwarze Scheibe. Erst bei langen Intervallen von mehr als 200 msec konnten beide Scheiben nacheinander gesehen werden. Interessanterweise wurde bei Intervallen mittlerer Länge (100-200 msec) nur die Maske gesehen. Was hier stattfindet, nennt man Rückwärts-Maskierung: Die Verarbeitung der später dargebotenen Kontur unterdrückt diejenige der früher dargebotenen, indem sie sie überlagert (Interferenz).

Als Metakontrast bezeichnet man allgemein die Interferenz zwischen Konturen an benachbarten Stellen der Retina.

Allgemeine & Theoretische Psychologie
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